Die Herausforderungen eines nachhaltigen Brauereimanagements​​​​​​​ 

A brewery plant

Es war noch nie leicht, eine Brauerei zu führen. Doch neben den grundlegenden Herausforderungen bei der Herstellung von einheitlich hochwertigem Bier legen Brauer heutzutage den Schwerpunkt auf nachhaltige Verfahren, die jedem Aspekt des Brauereibetriebs eine neue Nuance geben.

Die weltweit größten Brauereien haben bereits eindrucksvolle Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit gemacht und verbrauchen mit jedem Jahr weniger Wasser und Energie im Produktionsprozess. In den letzten zehn Jahren konnte die Brauindustrie den den Energieverbrauch pro produziertem Liter Bier durchschnittlich um fast 20 % senken. Im gleichen Zeitraum hat die Brauindustrie den Wasserverbrauch um 25 % gesenkt – von durchschnittlich 4 Litern Wasser pro Liter Bier in 2011 auf 3 Liter in 2020.

Doch angesichts wachsender Herausforderungen – zunehmende Wasserknappheit, drohende Auswirkungen des Klimawandels, vorübergehende Energieknappheit usw. – verstärken viele führende Brauereien ihre Bemühungen im Bereich der Nachhaltigkeit. Einige große Brauereien planen beispielsweise, bis spätestens 2030 einen durchschnittlichen Verbrauch von 2 Litern Wasser pro Liter Bier zu erreichen.

Diese Verbesserungen der Nachhaltigkeit lassen sich nicht in einem Vakuum verfolgen. Tatsächlich sind nachhaltige Braupraktiken Teil eines komplexen Geflechts aus sechs grundlegenden Zielen, die jede Brauerei verfolgt:

  1. Herstellung von hochwertigem Bier
  2. Minimierung der Risiken für die Lebensmittelsicherheit
  3. Reduktion des Wasser- und Energieverbrauchs
  4. Schutz von Vermögenswerten
  5. Einhaltung der Abwasservorschriften 
  6. Kostenminimierung

Jedes dieser Ziele ist für sich genommen eine Herausforderung. Aber alle diese Ziele hängen auch voneinander ab und haben Auswirkungen aufeinander. In vielen Fällen kann sich die Verbesserung eines Bereichs negativ auf einen anderen auswirken. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Ziele oft auch in unterschiedliche Verantwortungsbereiche fallen, sodass die Ziele einzelner Manager häufig miteinander kollidieren.

Sehen wir uns dies einmal genauer an.


„Der größte Teil des im Brauprozess verwendeten Wassers landet nicht im Fass, sondern wird zu Abwasser.“

Chris Armacost

Director of Marketing, Food & Beverage Global Solutions bei Ecolab


1. Herstellung von hochwertigem Bier
(Brauereimanager/Verpackungsleiter)

Das Hauptziel der meisten Brauereien ist es, unter Berücksichtigung ihrer Produktionsmittel so viel Bier wie möglich herzustellen. Die Menge darf jedoch nicht auf Kosten der Qualität gehen. Um im Geschäft zu bleiben, muss eine Brauerei qualitativ hochwertiges Bier mit gleichbleibendem Geschmack herstellen. Das wiederum erfordert ein strenges Qualitätsprogramm, in dessen Rahmen wichtige Geräte vor jedem Produktionslauf gründlich gereinigt und desinfiziert werden, um Fehlaromen und verdorbene Chargen zu vermeiden. Eine gründliche Reinigung erfordert jedoch die Abschaltung von Produktionslinien und beeinträchtigt die Kapazität der Bierproduktion.

Daraus ergibt sich einer der grundlegenden Balanceakte, den jeder Brauer meistern muss: das Gleichgewicht zwischen Produktionszeit und Ausfallzeiten für die Reinigung, um das Produktionsvolumen ohne Beeinträchtigung der Produktqualität zu maximieren.

2. Minimierung der Risiken für die Lebensmittelsicherheit
(Qualitätsmanager/Hygieniker)

Zwischen den einzelnen Chargen müssen die Brauer wichtige Geräte wie Braukessel, Gärbehälter, Biertanks und Abfüllanlagen reinigen und desinfizieren, um Verschmutzungen und Bierverderb zu beseitigen und das Risiko für die Kunden zu minimieren. Es gibt kein allgemeingültiges Programm für Lebensmittelsicherheit und -qualität. Je nach Art des hergestellten Getränks, der Härte und Beschaffenheit der Verschmutzungen und der Qualität des in der Brauerei verwendeten Wassers werden Programme unterschiedlich konzipiert. Einige Reinigungsverfahren erfordern mehr Schritte und nehmen daher mehr Zeit in Anspruch. Einige werden bei höheren Temperaturen durchgeführt. Diese verbrauchen mehr Energie und können die Lebensdauer der Anlagen beeinträchtigen. Andere beinhalten längere Spülzeiten und verbrauchen daher mehr Wasser. Bestimmte fortschrittliche Chemikalien ermöglichen eine schnellere Reinigung bei geringerem Wasser- und Energieverbrauch, sind jedoch mit höheren Kosten verbunden. Diese Faktoren – die Art und Häufigkeit der Reinigung – können erhebliche Auswirkungen auf die Abwassereinleitung haben.

Wie Sie sehen, berühren Qualitätsprogramme praktisch jedes der sechs Ziele auf die eine oder andere Weise. Brauereien müssen diese Faktoren bei der Festlegung des optimalen Reinigungs- und Desinfektionsprogramms sorgfältig ausbalancieren.

3. Reduktion des Wasser- und Energieverbrauchs
(Manager für Nachhaltigkeit)

Wasser und Energie sind für den Brauprozess unentbehrlich, verursachen jedoch auch Kosten. Daher muss jede Brauerei ihre Nutzung optimieren. Wie eingangs erwähnt, gibt es in unserer von Klimafragen und Wasserknappheit geprägten Welt auch politische, kulturelle und existenzielle Gründe, so wenig Wasser und Energie wie möglich zu verbrauchen. Mindestens eine große Marke musste bereits eine bestehende Brauerei mehrere hundert Meilen weit weg verlegen, weil ihr Standort nicht mehr über genügend Wasser für die Aufrechterhaltung der Bierherstellung verfügte.

Eine bestimmte Grundmenge an Wasser und Energie ist bei der Bierherstellung selbstverständlich unerlässlich. Darüber hinaus muss eine Brauerei jedoch bestimmte Entscheidungen treffen, die in Folge die benötigten Mengen entweder erhöhen oder verringern. Zum Beispiel hat die Wahl des Reinigungsprogramms – ob heiß oder kalt – Auswirkungen auf die benötigte Wasser- und Energiemenge. Die Effizienz, mit der Kessel, Kühlsysteme und Pasteurisieranlagen betrieben werden, wirkt sich auf den Wasser- und Energieverbrauch aus. Schlecht verwaltete Systeme entwickeln Kesselstein, Korrosion oder mikrobiologische Verschmutzung. All dies trägt zu einem höheren Wasser- und Energiebedarf bei, um das gleiche Ergebnis wie bei gut verwalteten Systemen zu erzielen.

Es gibt auch Möglichkeiten, Wasser und Energie durch Wiederverwendung an anderer Stelle in der Brauerei einzusparen. Einige Standorte experimentieren mit der Reinigung, Filterung und Wiederaufbereitung von Abwasser und führen es in einem endlosen Kreislauf namens „Zero Liquid Discharge“ in die Brauerei zurück. Biogasenergie aus Abwassersystemen kann aufgefangen und an anderer Stelle wiederverwendet werden. Diese Kreislauflösungen können den Wasser- und Energieverbrauch erheblich senken. Die damit verbundene Technik und das Kapital können die Kosten jedoch wesentlich erhöhen.

4. Schutz von Vermögenswerten
(Technische Leitung)

Brauereianlagen sind nicht billig.​​​​​​​ Ein zentraler Grundsatz von effektiven Betrieben ist der Schutz dieser teuren Vermögenswerte. Es werden strategische Schritte unternommen, um die Nutzungsdauer der Anlagen verlängern und Kosten für einen vorzeitigen Ersatz zu vermeiden. Eine Vielzahl von Faktoren wirkt sich auf die Lebensdauer einer Anlage aus, darunter Kalkablagerungen, Korrosion, die Verwendung falscher Reinigungslösungen, hohe Temperaturen, unregelmäßige Reinigung, mangelnde Wartung oder Überbeanspruchung. Traditionell besteht die Lösung für die meisten dieser Probleme in geplanten Stillstandszeiten. Brauereien wollen in der Regel lange Produktionsläufe, aber lange Laufzeiten bedeuten auch kürzere Stillstandszeiten für Reinigung und Wartung.  

Auch hierbei handelt es sich um einen Balanceakt. Verfahren und Protokolle, die das Produktionsvolumen und die Effizienz erhöhen, können gleichzeitig die Zeit für die Wartung verkürzen, und damit kostspielige Reparaturen oder den vorzeitigen Austausch von Anlagen zur Folge haben. Dementsprechend versuchen einige Brauereien, den Wasser- und Energieverbrauch durch Änderungen in den Produktions- und Reinigungsprotokollen zu senken. Sie müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Leistung und Lebensdauer der Geräte haben können.

5. Einhaltung der Abwasservorschriften
(Umweltbeauftragter)

Der größte Teil des im Brauprozess verwendeten Wassers landet nicht im Fass, sondern wird zu Abwasser. Viele Dinge werden weggespült und landen im Abwasserbereich: Chargen minderwertigen Biers werden ebenso entsorgt wie überschüssige Reinigungslösung, Schmiermittel von gereinigten Förderanlagen und vieles mehr. Brauereien müssen all dies sorgfältig verwalten, um den Ruf ihrer Marke zu schützen und die Kosten zu minimieren. Sie müssen auch den schlimmsten anzunehmenden Fall vermeiden: dass sich das Abwasser so weit anstaut, dass die Produktion eingestellt werden muss.

Einige Brauereien bereiten ihre Abwässer vollständig selbst auf und leiten das geklärte Abwasser in einen nahe gelegenen See oder Fluss ein. Andere wiederum behandeln das Abwasser nur minimal und leiten es zur vollständigen Aufbereitung an ihre kommunale Kläranlage weiter. In beiden Fällen muss das Abwasser strenge, von der Gemeinde festgelegte Anforderungen erfüllen. Andernfalls drohen der Brauerei Geldstrafen (höhere Kosten).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Prozentsatz der im Abwasser verbleibenden Kontaminierungsstoffe automatisch ansteigt, wenn eine Brauerei die verbrauchte Wassermenge reduziert. Ein Abwasserstrom mit 100 ppm Verunreinigungen hat beispielsweise plötzlich Kontaminierungsstoffe von 200 ppm, wenn die Brauerei diesen Wasserstrom um 50 % reduziert. Da die Genehmigungen zur Einleitung üblicherweise auf ppm-Bereichen für Kontaminierungsstoffe basieren, erschwert das Wassersparen die Einhaltung der Abwasserbestimmungen.

6. Kostenminimierung
(Betriebsleiter und Abteilungsleiter)

Als gewinnorientiertes Unternehmen besteht das grundlegende Ziel für einen verantwortungsbewussten Brauer darin, hervorragendes Bier zu den geringstmöglichen Kosten herzustellen. Das Bierrezept selbst hat seine eigene Kostenstruktur, aber jeder der zuvor genannten Faktoren spielt bei den Gesamtkosten der Brauerei eine Rolle. Dazu gehören der Wasser- und Energieverbrauch, das eingesetzte Kapital für die Wiederverwendung oder das Recycling von Wasser und Energie, die Auswahl der Reinigungs- und Desinfektionslösungen, die Effizienz, mit der Versorgungseinrichtungen und andere Anlagen verwaltet werden, und die Kompetenz, mit der das Abwasser abgeleitet wird.

Ohne ein effektives Gleichgewicht bei der Kostenoptimierung ist der Erfolg einer Brauerei zeitlich begrenzt: Wenn sie eine Zukunft haben soll, muss ihre Bilanz stimmen.

Bier ist einfach – Brauen ist ein Balanceakt

Der Betrieb einer Brauerei ist ein hochkomplexer Prozess, der durch die Einbeziehung immer wichtiger werdender Nachhaltigkeitsaspekte noch deutlich komplexer wird. Jedes der sechs Hauptziele ist für sich genommen schwer zu bewältigen. Die Zusammenhänge und Wechselbeziehungen machen die Situation noch komplizierter. Und durch die Aufteilung auf verschiedene Verantwortungsbereiche wird den verschiedenen Managern die effektive Zusammenarbeit noch erschwert. Ein neues Fünf-Sterne-Qualitätsprogramm kann zum Beispiel für den Qualitätsmanager einen großen Bonus bedeuten, aber wenn infolgedessen mehr Wasser verbraucht wird als erwartet oder Produktionsausfälle auftreten, werden die für Nachhaltigkeit und Produktion zuständigen Manager vermutlich keinen Bonus erhalten.

Wenn es richtig gemacht wird, ist dies ein großartiger Balanceakt. Wenn es schlecht gemacht wird, ist es ein endloses Katz-und-Maus-Spiel.

Brauereien sollten heutzutage dafür gelobt werden, wenn sie diesen Spagat schaffen. Das gilt insbesondere für ihre Fortschritte bei der Reduzierung von Wasser und Energie, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität eingehen zu müssen.

Obwohl Bier ein einfaches Produkt ist – mit nur vier „offiziellen“ Zutaten: Wasser, Gerste, Hefe und Hopfen – ist der Betrieb einer Brauerei im heutigen Wettbewerbsumfeld alles andere als einfach. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal ein kaltes Bier genießen.

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Chris Armacost 

Director of Marketing, Food & Beverage Global Solutions 

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